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Insel-CDU zu Satzungsvorschlägen der Bürgermeisterin

1. Worum geht es überhaupt?

Im Bauausschuss am Dienstag, 12. September 2023, werden ab 19.15 Uhr drei verschiedene Vorschläge von Bürgermeisterin Heike Horn für neue Regeln auf Langeoog diskutiert.

Verbot von Bruchteilseigentum (VO23-190)

Bereits 1988 hat die Inselgemeinde die Bildung von Wohneigentum nach dem Wohnungseigentumsgesetz faktisch ausgeschlossen. Die Idee dahinter war, die Schaffung von eigengenutzten Zweitwohnungen (d.h. Wohnungen, die nicht zu touristischen Zwecken vermietet werden) zu verhindern. Seither wurden Wohnungen insbesondere in neuen Bauprojekten als sog. Bruchteilseigentum verkauft. Der Trend zur Umwandlung in Zweitwohnungen wurde nicht aufgehalten. Der Regelungsvorschlag soll nun auch die Bildung von Bruchteilseigentum ausschließen, so wie bisher bereits die Bildung von Wohneigentum ausgeschlossen war.

Zweckentfremdungssatzung (VO23-189)

Diese Satzung soll der Gemeinde das Recht geben, die Umnutzung von Wohnraum (hier als “Zweckentfremdung” bezeichnet) zu verhindern. Wird Wohnraum bspw. zu gewerblichen oder beruflichen Zwecken genutzt, wird er mehr als acht Wochen im Jahr als Ferienwohnung vermietet oder steht er für mehr als sechs Monate im Jahr ununterbrochen leer, wäre dies nach der von Bürgermeisterin Heike Horn vorgeschlagenen Satzung eine Zweckentfremdung, die nur mit Genehmigung der Gemeinde zulässig ist. Eine Genehmigung wird insbesondere dann erteilt, wenn Eigentümer Ausgleichszahlungen an die Gemeinde tätigen oder Ersatzwohnraum schaffen. Um die Einhaltung der Regelungen der Zweckentfremdungssatzung zu kontrollieren, sieht der Vorschlag umfassende Kontrollrechte für die Inselgemeinde vor. Sogar das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung wird eingeschränkt: Zu Kontrollzwecken sollen Beauftragte der Gemeinde Grundstücke und Wohnräume betreten dürfen. Selbst bei fahrlässigen Verstößen gegen das Zweckentfremdungsverbot droht ein Bußgeld von bis zu 100.000 Euro.

Erhaltungssatzung/Milieuschutzsatzung (VO23-188)

Eine Erhaltungs- oder Milieuschutzsatzung soll den Bestand an Wohnraum sichern und schützen. Das Thema einer Milieuschutzsatzung war bereits mehrfach Gegenstand der Beratungen im Rat und wurde dort abgelehnt. Bürgermeisterin Heike Horn setzt das Thema nun erneut auf die Agenda, allerdings ohne eine konkreten Beschlussvorschlag. Bei Einführung einer solchen Erhaltungs-/Milieuschutzsatzung wäre für jeden Rückbau, jede Änderung oder auch jede Nutzungsänderung an Bestandsbauten eine Genehmigung erforderlich. 

2. Was bedeuten die Vorschläge für Insulaner?

Auf Langeoog fehlt es an einer aktiven Baupolitik, die den Wohnraumbedarf der Bevölkerung mit den Bedürfnissen touristischer Infrastruktur verknüpft. Nun sollen Langeooger Haus- und Wohnungseigentümer dieses Unvermögen ausbaden, obwohl gerade diese in der Vergangenheit Wohnraum geschaffen haben. Es ist weder fair noch zielführend, dass so viele Insulaner massiv in der freien Entscheidung zur Nutzung ihrer Immobilie eingeschränkt werden sollen. Wir möchten nur auf einige mögliche Folgen der von der Bürgermeisterin vorgeschlagenen Regelungen hinweisen:

Kein Platz für Familie?! Wohnraum darf nicht länger als sechs Monate ununterbrochen leer stehen. Wer Wohnraum für Besuche von Kindern, Verwandten und Freunden vom Festland freihält, handelt illegal. Egal aus welchem Grund – die Zweckentfremdungssatzung zwingt zur Vermietung. Ansonsten droht dem Wohnungsbesitzer eine Geldstrafe von bis zu 100.000 Euro.

Mehr Bürokratie für Bürger, mehr Arbeit für die Verwaltung Eine Zweckentfremdungssatzung stellt ein riesiges Verwaltungsmonster dar und ist mit hohen Kosten verbunden. Verstöße gegen die Satzung können angezeigt werden und die Anzeigen, berechtigt oder nicht, müssen bearbeitet werden – ein teurer Verwaltungsaufwand, der die Bürokratie weiter aufbläht. Damit die Kontrolleure die Wohnungen auch überprüfen können, wird das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung eingeschränkt, und die Wohnungsbesitzer werden gezwungen, Informationen bereitzustellen und den Kontrolleuren Zutritt zu gewähren. 

Gute Absicht führt zu bösem Erwachen Wer seine Ferienwohnung in guter Absicht als Dauerwohnraum für Freunde, Familie oder andere Menschen zur Verfügung gestellt hat, hat das Nachsehen. Es besteht die Gefahr, dass die Ferienwohnung zu Wohnraum im Sinne der Zweckentfremdungssatzung wird, der fortan als Dauerwohnraum vermietet werden muss (Leerstand führt zur Geldstrafe). Die erneute Nutzung als Ferienwohnung könnte nur noch dann möglich sein, wenn entweder a) eine Ausgleichszahlung geleistet wird oder b) neu geschaffener Ersatzwohnraum bereitgestellt wird. Der Wert der Immobilie würde in diesem Fall erheblich sinken.

Kein Vertrauensschutz, keine Altersvorsorge?! Bei vielen älteren Immobilien, die in Bebauungsplänen mit ausdrücklich zulässiger Fremdenbeherbergung liegen, wurden einst nur “Wohnungen” genehmigt. Ob es sich um Dauer- oder Ferienwohnungen handelt, wurde nicht spezifiziert und war nach damaligem Verständnis auch nicht erforderlich. Die Wohnungen wurden über Jahrzehnte teilweise als Dauerwohnraum und teilweise als Ferienwohnung genutzt. Ohne eine Zweckentfremdungs- und Erhaltungssatzung wäre eine offizielle, ausdrückliche Umnutzung als Ferienwohnung kein Problem. Bei Inkrafttreten einer Erhaltungs- und Zweckentfremdungssatzung wäre das aber nur noch in Ausnahmefällen und regelmäßig auch nur gegen Ausgleichszahlungen möglich. Damit einher ginge auch ein massiver Wertverlust für viele Immobilien, die Insulaner als Altersvorsorge “in Steinen” besitzen.

Einfach wirkungslos Das 1988 eingeführte Verbot der Bildung von Wohneigentum hat nicht dazu geführt, dass auf Langeoog weniger Eigentumszweit-/Eigentumsferienwohnungen entstanden sind. Mit dem Verkauf als Bruchteilseigentum hat man einen anderen Weg gefunden, um das Verbot zu umgehen. Die geplante Satzung würde das gleiche Schicksal nehmen. Erfahrungen aus anderen Kommunen, die ein Verbot von Bruchteilseigentum erlassen haben, zeigen: Auch dieses Verbot kann man aushebeln. Die Verwaltung spricht mögliche Umgehungsgestaltungen bereits in ihrer Vorlage an. Dieses Verbot wird nichts bringen.

Was gibt es und was wird eigentlich benötigt? Die Vorschläge von Bürgermeisterin Horn haben dabei alle einen grundsätzlichen Makel: Es fehlt an einer ausreichenden Bestands- und Bedarfsanalyse. Bisher wurde nicht konkret ermittelt, wie viel und welche Art von Wohnraum auf Langeoog überhaupt vorhanden ist und zukünftig benötigt wird. Diese Erfassung kann sich dabei nicht auf den Bestand und Bedarf an Mitarbeiterwohnungen bei der Gemeinde beschränken, sondern muss die gesamte Inselbevölkerung in den Blick nehmen. 

Was hat’s gebracht? Die Vorschläge von Bürgermeisterin Heike Horn verweisen darauf, dass es auf anderen Inseln z.B. bereits Zweckentfremdungssatzungen gibt. Hier wäre im Vorfeld eine transparente Bewertung geboten, was diese Satzungen dort erreicht haben. Wie viele Fälle von Zweckentfremdung gab es jeweils auf den Inseln mit solch einer Satzung und wie oft wurde dort zweckentfremdeter Wohnraum wieder in den Wohnungsmarkt zurückgeführt?

3. Welche Alternativen schlägt die CDU vor?

Aufgrund des massiven Eingriffs in das Privateigentum können die geplanten Satzungen nur das letzte Mittel sein. Stattdessen wollen wir von der Insel-CDU eine aktive Baupolitik auf Langeoog, die sich durch die Ausweisung und Erschließung neuer Baugebiete, die Wiedernutzbarmachung von Flächen, die Nachverdichtung oder andere Maßnahmen der Entwicklung bestehender Immobilien.

Auf vielen Inselgrundstücken könnte zusätzlicher, kostengünstiger Wohnraum entstehen, wenn die Grund- und Geschossflächenzahlen sowie die Geschossigkeit in den Bebauungsplänen angepasst würden. So könnten z.B. bisher ungenutzte Dachböden  zu Zwecken des Dauerwohnens umgenutzt werden – selbstverständlich unter Wahrung aller sonstigen Bau- und Brandschutzvorschriften. Diese Maßnahmen würden auch nicht zu wesentlich massiveren Gebäuden führen, weil Trauf- und Firsthöhen in den Bebauungsplänen verbindlich festgesetzt sind und das äußere Erscheinungsbild durch die Gestaltungssatzung reguliert wird. So könnten durch Dachausbau und Nutzung frei liegender Flächen innerhalb einer bestehenden Bebauung schnell und kostengünstig neuer Wohnraum geschaffen werden. Die komplette Infrastruktur ist vorhanden, die sonst üblichen Kosten für die Erschließung neuer Baugebiete fallen weg. 

Die Gemeinde will private Haus- und Wohnungseigentümer in die Pflicht nehmen, kommt aber selbst ihrer Verantwortung nicht nach. Auf der Insel gibt es mit den Baugebieten am Melksett und Strandjepad bereits beplante Gebiete für die Wohnbebauung, für die seit fast 10 Jahren ein Bebauungsplan existiert. Seitdem ist nichts passiert! Hier wäre Wohnraum, der dringend benötigt wird.